Effiziente Wassernutzung: Wohin geht der Weg?
GANS25 - Teil 2
DATUM
04.08.2025
AUTHORIN
My-Linh Pham
KATEGORIE
News
Um die großen Themen einer grünen Zukunft drehte sich das GANS25 am 8. Mai in Frankfurt am Main. Spannende Impulse und Einblicke lieferte auch das Programm zum zweiten Schwerpunkt der Veranstaltung: „Effiziente Wassernutzung - Welche technologischen Möglichkeiten haben wir?“
Klimatische Veränderungen und Extremwetterereignisse halten bereits heute Landwirte rund um den Globus in Atem. Niederschläge spielen hierbei eine entscheidende Rolle: Wenn man von sogenannten Starkregenereignissen spricht, dann regnet es meist zu viel in zu kurzer Zeit: Die Böden können verschlämmen und die Gefahr der Erosion steigt. Regnet es zu wenig, so sind sinkende Grundwasserstände, Dürren und untypische Trockenperioden die Folge. Landwirt:innen bekommen beide Phänomene in der Ernte schmerzhaft zu spüren – wirtschaftliche Einbußen inklusive.
Dass Kartoffeln und andere empfindliche Kulturen bewässert werden, ist längst kein seltener Anblick mehr – über das „Wie“ wird jedoch noch diskutiert. Immer wieder werden Rufe nach innovativen, ressourceneffizienten Bewässerungstechnologien laut. Einige gibt es bereits – die Teilnehmer:innen des GANS25 stellten sich daher die Frage:
Brauchen wir mehr Innovationen, um Wasser effizienter zu nutzen, oder ist es an der Zeit, bestehende Lösungen auf breiter Basis umzusetzen?
Keynote von Jacob van den Borne: Daten richtig nutzen
Als Vorreiter in Sachen Precision Farming berichtete Landwirt Jacob van den Borne den Zuschauer:innen von seiner Arbeit in den südlichen Niederlanden. „Precision Farming ist nicht nur Technologie. Es geht um die Frage: Wie kann ich diese Technologie nutzen, um meinen Job zu machen?“, erklärte der 44-Jährige. Auf rund 600 Hektar in Belgien und den Niederlanden baut sein Betrieb Van den Borne Potatoes Kartoffeln an. Nachdem er den Betrieb im Jahr 2006 von seinem Vater übernahm, führte der Landwirt Präzisionstechnologie ein, um seine 190 Kartoffeläcker mit einer Durchschnittsgröße von drei Hektar zu bewirtschaften.
Er fragte sich: „Was kann ich aus den erhobenen Daten lernen?“ Van den Borne entwickelte einen Precision-Farming-Zyklus mit 16 einzelnen Schritten im Jahresverlauf: Von Bodenuntersuchungen im Winter über Düngung und Bewässerung bis hin zu Ernte und Lagerung. Er führte seine Zuhörer:innen durch sein landwirtschaftliches Jahr und ließ sie an wichtigen Zyklusschritten teilhaben. „Mein Großvater – der nur sieben Hektar hatte – ging jeden Tag über seine Felder. Wenn ich das machen würde, wäre ich etwas athletischer“, schmunzelte van den Borne angesichts seiner Betriebsgröße. Da jeder Traktor mit Sensoren ausgestattet ist, weiß der Landwirt trotzdem genau, was auf seinen Feldern passiert. Die Daten werden mit den Betriebsergebnissen aus den letzten 20 Jahren verglichen – entsteht eine Abweichung, wird der Landwirt umgehend informiert.
Er nutzt dann Satelliten oder Drohnen, um genauere Informationen zu betroffenen Teilstücken zu erhalten. Verschiedene Kameras detektieren Unkräuter, thermische Aufnahmen zeigen, wenn die Pflanzen zu warm sind – also Wasser benötigen oder krank sind. „Ohne Bewässerung wäre unser Ertrag im Durchschnitt um 25 Tonnen geringer“, erklärte der Landwirt. Er stellte den Zuhörer:innen die Idee eines Beregnungsroboters vor: „Ein autonomes Gefährt, dass dort bewässert, wo es gebraucht wird“, so van den Borne, der es sich zum Ziel gemacht hat, Landwirtschaft weiterzuentwickeln. Die Themen gehen ihm dabei nicht aus: „Wir lernen immer weiter“, berichtete er. „Immer wenn ich etwas gelöst habe, tauchen 100 neue Fragen auf“, schmunzelte der Landwirt. Mit dem eigens eingerichteten Van den Borne Campus und Versuchsäckern möchte er sich in Zukunft genau diesen Fragen stellen – in Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Firmen und Start-ups.
Start-up Insight mit Agvolution-CEO Thilo von Freier: Zeit, etwas zu verändern
„Agvolution wurde vor vier Jahren gegründet, mit dem Ziel, die Effizienz von Ressourcen und Landwirtschaft zu erhöhen. Und eine der größten Herausforderungen ist die Bewässerung“, erklärte Thilo von Freier. Bewässerung sei keine Frage der Intuition mehr, so der Agvolution-CEO. 75 % des globalen Frischwassers werde für Bewässerung verwendet, 35 % gehen durch ineffiziente Bewässerung verloren. „Es ist Zeit, etwas zu verändern“, stellte er klar. Eine neue Art der Sensortechnologie ist die Idee hinter Agvolution. Sensoren im Feld erfassen Daten zu Bodenfeuchtigkeit und -zustand und leiten sie weiter an eine speziell entwickelte Software. Diese Software gibt dann Handlungsempfehlungen für den Landwirt und kann sogar die Bewässerung steuern.
„Der Landwirt bekommt nicht nur Einblicke in den Boden, sondern einen vollautomatischen Prozess“, so von Freier. In den letzten beiden Jahren verkaufte die Firma 2400 Sensoren. Ein Abo-Modell mit einer Basisversion ermöglicht Landwirten den unkomplizierten Einstieg in das System, weitere Funktionen sind für einen Aufpreis erhältlich. Mit den gesammelten Daten können die genutzten Modelle weiter trainiert werden.
Paneltalk: Bewässerung im Fokus
Im Anschluss an die innovativen Impulse durften sich die Besucher:innen auf einen spannenden Paneltalk mit einer gehörigen Portion Praxis freuen, moderiert von Friedrich Bardua, Investment Analyst von der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Neben Jacob van den Borne und Thilo von Freier, nahm Brice Lemarechal von der irriport GmbH Platz in der Runde. „Was ist die größte Herausforderung bei der Sicherung der Wasserversorgung in Zukunft?“, fragte Bardua in die Runde. Von Freier sieht hierbei zwei Herausforderungen: das Bewusstsein jedes Einzelnen und ein fehlender Anreiz, Wasser zu sparen, aufgrund des günstigen Preises hierzulande. Aspekte, denen van den Borne nur zustimmen konnte. Er fügte hinzu, dass oft auch ein Bewusstsein für neue Technologien fehle, die aber tatsächlich helfen könnten. Auch die Frage, wem Wasser gehört, beschäftige den Landwirt. „Die größte Herausforderung aus meiner Sicht sind Wassermanagement-Probleme“, erklärte Lemarechal. Es brauche ein ganzes Ökosystem, wo alle zusammenarbeiten. „Das ist nichts, was Landwirtschaft für sich alleine lösen kann“, so der Bewässerungsexperte.
Die richtige Balance finden
Über die Frage, wie viel Wasser die Landwirtschaft verbrauchen darf, wird viel und gerne diskutiert. Von Freier brachte hier das australische System der Wasserverteilung ein. Wenn ein Landwirt effizient arbeitet und das ihm zugeteilte Wasser nicht verbraucht, dann kann er damit handeln. „Ich glaube, das ist ein interessanter Ansatz für die Wassereffizienz“, erklärte er. „Für mich sind Landwirte nicht nur Landwirte, sie gestalten die Landschaft“, warf Lemarechal ein und sprach sich dafür aus, Landwirt:innen darin zu unterstützen, die Wassereffizienz auf ihren Flächen mit einem guten Bodenmanagement zu erhöhen und sogar mehr Wasser „zu ernten“.
Auch Landwirt van den Borne sieht sich selbst als „Landmanager“. Er stimmte seinen Vorrednern in vielen Punkten zu und betonte, dass eine Zusammenarbeit wichtig ist, beispielsweise indem Wasser aus Regionen, in denen es nicht benötigt wird, Flächen zugutekommt, die es dringend brauchen – solange die Wassereffizienz an diesen Standorten durch Beobachtung der Daten garantiert wird.
Abwasser nutzen in der Landwirtschaft?
Der niederländische Landwirt sieht ein großes Problem darin, dass viel Wasser verschwendet wird. Die Runde diskutierte lebhaft über das Thema Abwasser und die Frage, ob gereinigtes Wasser aus dem städtischen Umfeld in der Landwirtschaft genutzt werden könnte. Ja – wenn auch nicht unbedingt für die Lebensmittelproduktion, so in vielen anderen Bereichen der Landwirtschaft, ist die Meinung des Praktikers. „Die Politik müsste hierbei aber auch einen großen Schritt gehen“, betonte von Freier. Erst dann könne man in die Planung gehen. Dass erste Schritte bereits gemacht wurden, berichtete Lemarechal. Vor zwei Jahren sei ein neues Gesetz zur Abwassernutzung erlassen worden, dass nun auch in Deutschland Anwendung finden soll. „Das ist eine große Chance, insbesondere für Regionen mit zu wenig Wasser“, so der Ingenieur.
Wie viel ist Wasser wert?
Doch wie viel wissen Verbraucher:innen und Landwirt:innen überhaupt über den Wert ihres Wassers? „Wasser muss sichtbarer werden“, ist sich van den Borne sicher. Es sei unsere Hauptressource, doch da es so günstig ist, habe es oft keinen Wert. Von Freier schlägt vor, mehr Anreize zur effizienteren Wassernutzung zu geben. In der Landwirtschaft könnte das so aussehen, dass einem Landwirt mehr Wasser zugesprochen wird, wenn er eine neue Technologie anwendet. Große Betriebe seien jedoch schneller in der Implementierung von neuer Technologie als kleine Betriebe, warf Lemarechal ein. „Für die meisten Regionen brauchen wir Kooperationen, wo Landwirte sich zusammenschließen, Bewässerungssysteme entwickeln und Wissen austauschen“, schlug er vor. Für mehr Zusammenarbeit setzt sich auch Landwirt van den Borne ein. Allerdings würden Probleme mit Regierung und Politik viele Innovationen blockieren, gab er zu bedenken.
Bewässerung – das brauchen Landwirt:innen
Hardware oder Daten: Was genau brauchen Landwirt:innen zuerst, wenn sie ihre Wassereffizienz verbessern möchten? „Wissen“, antwortete van den Borne. „Sensoren helfen, doch das Wissen ist das Wichtigste“, erklärte er. Von Freier ergänzte, dass die Ausstattung mit der richtigen Technik auch eine Frage der Finanzierung sei. Es gibt bereits viele Start-ups und vielversprechende Projekte. „Der Fokus sollte jetzt darauf liegen, wie wir die Landwirte dazu bringen können, diese Technologie zu nutzen und die Ideen in die Praxis zu bringen.“
Links zu den Keynotes:
So arbeitet der Daten-Landwirt: Jacob van den Borne nahm die Zuhörer:innen mit auf seinen innovativen Kartoffelbetrieb in den südlichen Niederlanden.
Einen Blick in den Boden erlauben die Sensoren des Start-ups AGVOLUTION. CEO Thilo von Freier stellte das Konzept vor.
Wie sieht die Bewässerung der Zukunft aus und was brauchen Landwirt:innen, um Wasser zu sparen? Diese Fragen und mehr diskutierten unsere Experten im Panel-Talk.
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